f a r b v e r w a n d t s c h a f t e n
anlässlich der ausstellung im Rohnerhaus - Lauterach

Ich bin der Sohn meines Vaters und meiner Mutter. Diese mit allen Söhnen geteilte Selbstverständlichkeit möchte ich deshalb betonen, weil es der einzige Bezugsrahmen ist, in dem und aus dem ich etwas über Curts Arbeit schreiben kann. Alles andere, etwa ein "kunsthistorisch geschultes Abstandnehmen", welches ein Vergleichen und ein objektives Bewerten (was immer das sein mag) erlaubt, erscheint mir unmöglich. Ich kann nur aus meiner Beziehung / Erinnerung über Curts Arbeit schreiben. Diese reicht soweit zurück wie ich denken kann und hat viel mit meiner Mutter zu tun. Ohne Mutter kein Vater und ohne beide kein Sohn.

Die ersten gemalten Curt- Bilder, an die ich mich erinnere sind : "Curt malt mir einen grossen Goofy an die Kinderzimmerwand", "Curt malt den Gang dunkelgrün mit goldenen Ornamenten" und "Curt lässt Bilder sich selbst malen". Der Goofy war vielleicht meine künstlerische Initialzündung, denn ich denke, es begann mir damals zu dämmern, dass man Leben - um es zu leben - auch erfinden kann ("Kunst machen"). Man kann anstatt einer gekauften Tapete diese selbst entwerfen und zeitgleich direkt auf die Wand malen! Ab diesem Tag tat ich das auch, bis zum Tag als ich mein Elternhaus verliess war mein Zimmer bis zum letzten Quadratzentimeter voll-gezeichnet und - geschrieben und ich bin meinen Eltern heute noch dankbar, dass ich mir nie anhören musste, dass "man das nicht tut". Der dunkelgrüne Gang mit seinen seltsam verschlungenen, feingliedrigen Ornamenten blieb mir vermutlich auch deshalb so stark in Erinnerung, weil ich seitdem nie wieder etwas wohn-ästhetisch, so eigensinniges sah. Es war weder modern noch von vorgestern, es scheint mir heute immer noch wie ein Muster von einer anderen, zeitlosen Welt zu sein, wo Wiesen blau und Gänge grün sind und wo sich Blumen in asymmetrische, schrifthafte Zeichenrythmen verwandeln können. Die Bilder, die Curt sich selbst überliess - nachdem er deren Zutaten (Ölfarbe und Terpentin) in grosse quadratische Bassins goss - machten vermutlich deshalb einen so starken Eindruck auf mich und meine eigenen, im Stillen blubbernde Kunstseele, da sie mir vorführten, dass im prozessualen, oder besser gesagt im relationellem etwas kunstessentielles für mich liegt. Ohne zutun keine Kunst aber ohne zusehen und zuhören auch nicht. Und hier ist mir wichtig, Dagmar, meine Mutter ins Bild zu rücken, denn ich weiss, dass ohne ihr spontanes und grosses "Feedback-Herz" sehr vieles, sehr viel anders aussehen würde.

Sehe ich jetzt , fast 40 Jahre nach diesen ersten, mir in Erinnerung gebliebenen "Curtbildern", was er jetzt tut und lässt und ich gleichzeitig was ich selbst an- und abstelle, wird mir immer mehr bewusst, wie sehr sich unsere Wege kreuzen und beeinflussen, auch wenn sie sich scheinbar räumlich voneinander entfernen. Mir wird immer bewusster wie sehr meine Art Kunst zu denken und mein Versuch diese darzustellen, mit meinen Eltern zu tun hat. Was anfangs - sozusagen pubertätstraditionell - gegen sie und ihre Welt- und Wert-vorstellungen geschaffen wurde, stellt sich für mich immer mahr als Fortsetzung mit anderen Mitteln heraus. Die Künstlergruppe in der mein Vater arbeitet heisst "Ehe", die meine heisst "c a l c". Beiden ist eigen, dass das primäre, kreative Kapitel aus Vertrauen erwächst und dass einer nur zu sich selbst kommen (malen) kann, wenn er zum anderen kommt.

So habe ich jetzt nichts und doch viel zu Curts Arbeit gesagt, Was Sie sehen ist so einfach wie Sie es fühlen. Sie sehen gemalte Gefühle meines Vaters, Bilder so aufrichtig wie rechtwinklig. Curt ist ein Farbdichter. Das war er immer. Wenn Sie wollen können Sie ihren Gefühlen trauen und Bild für Bild (einem) Menschen näherkommen.




                             
 tOmi Scheiderbauer - Sevilla, Frühsommer 2006
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